In der Kieselsteinbucht



Es soll hier einen Strand geben, da klemmt ein großer Stein in einer Felsspalte. Bei Flut werde er vom Wasser angehoben und fange an zu sprechen. Irgendwo in der Nähe von Låter soll das sein. Rainer und ich fahren sofort nach dem Frühstück dorthin - das heißt, es gibt eine kleine Verzögerung, weil das Auto wieder nicht anspringt. Vielleicht ist es zu kalt, nach der sternklaren Nacht hat es heute ordentliche Minusgrade. Doch dann springt die Klapperkiste schließlich doch an und wir rollen los. Wir haben einen ungefähren Tipp bekommen, wo der Strand sein soll. Von der Landstraße aus stapfen wir durch verharschten Schnee eine Fuchsfährte entlang. Seltsam, dass uns immer die Tiere den Weg weisen. Tatsächlich erreichen wir die Rullesteinvika, die Kieselsteinbucht, nach etwa einer halben Stunde. 


Die Wellen rasen in die kleine Felsspalte und bewegen den Stein. Der gibt ein grollendes, tiefes Geräusch von sich. Eine ganze Weile bleiben wir hier und hören dem Felsen zu und machen Tonaufnahmen. 
Den Nachmittag nutzen wir für einen Spaziergang im Sonnenschein, der uns schließlich an den Strand von Strånda führt. Im Licht er untergehenden Sonne scheint das Wasser wie eisblaue Milch. In der Ferne fährt ein Dreimaster mit vollen Segeln in Richtung Lofoten, deren Schneegipfel für uns wie Eisberge aussehen. Eine Möwe kreist über dem spiegelglatten Meer, taucht ein, und holt sich einen Fisch. 


Man kann diese Augenblicke nicht einfangen, nicht mit der Kamera, nicht mit dem Aufnahmegerät, sind nur für den Moment gedacht. In der eisklaren Stille spüre ich die Umarmung des Nordens. Es ist eine kalte Liebkosung, sie ist nicht zärtlich, sondern wild. Und doch werde ich mich noch oft nach ihr sehnen.




Kommentare

  1. Jetzt lass ich doch mal einen Kommentar hier. Einen ganz leisen, damit ich eure Stille nicht störe. Und auch nur um zu sagen, dass ich dabei bin und euch lese. Fasziniert bin ich. Grüßt mir den Polarkreis. Lange her, seit wir dort waren.
    Herzlich
    Denise

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