Die Reise beginnt

Das ist der letzte Sonnenstrahl, aufgenommen aus dem Fenster unseres Fluges nach Bodø, in der letzten Reihe. Neben uns sitzt ein Typ mit Fransenlederjacke, den Kopf an den Vordersitz gelegt, augenscheinlich einen heftigen Kater auskurierend. Und während sich der Norweger in der Reihe neben mir Chips und Rotwein schmecken lässt und auf seinem Computer einen Fantasy-Film schaut, denke ich an die lange Anreise zurück, die wir für heute schon hinter uns haben.
Unser Auto haben wir in Frankfurt auf dem bewährten Parkplatz abgestellt. Der wird von zwei wirklich finster aussehenden Albanern betrieben. Bei denen bricht bestimmt keiner ein, denke ich mir - unser Auto ist also in Sicherheit. Die Organisation der beiden ist perfekt - pünktlich werden wir, zusammen mit drei gut gelaunten Polen, zum Flughafen gefahren. Dann checken wir ein, sitzen im Flugzeug und warten, dass es losgeht. Wir warten. Jetzt warten wir immer noch, denn ein Koffer muss wieder ausgeladen werden. Dann werden alle Koffer ausgeladen. Die wurden nämlich falsch eingeräumt, wie uns der Kapitän informiert. Also alles raus, dann wieder rein, zur Startbahn gerollt und klar: in Frankfurt ist die natürlich gut genutzt, also wieder warten. Mit einer Stunde Verspätung geht es los. 
In Oslo erwartet uns eine norwegische Besonderheit - das Land nimmt zwar an Schengen teil, hat aber kein Zollabkommen mit der EU. Also müssen alle EU-Bürger ihr Gepäck durch den Zoll bringen, die Koffer wieder einchecken, durch die Sicherheitskontrolle gehen und dann zum Abflug-Gate. Wir haben dafür 13 Minuten Zeit. Sportlich sprinten wir mit 30 Kilo Gepäck pro Person durch den Flughafen. Beim Einchecken lächelt uns eine blonde Fee an: "Sie sind schon umgebucht auf einen späteren Flug". Also bleibt uns noch Zeit einen Krabbentoast zum Preis eines Viergang-Menüs zu verzehren, befor es nach Bodø geht, unsere letzte Station. Später erfahren wir, dass wir Glück hatten - wegen des enormen Tiefdruck-Gebietes hier im Norden wurden zahlreiche Flüge abgesagt, auch in Frankfurt geht wegen eines Sturms stundenlang nichts mehr. 


Der Autoverleih residiert in einer Garage im Gewerbegebiet. Karl von Rent a Wreck trägt  einen langen Ziegenbart und ist beeindruckt von Rainers Norwegisch-Kenntnissen. Für einen Norweger ist Karl enorm gesprächig. Seine Autos seien alle ausgebucht. Die meisten Leute kämen hierher, um "Catch und Release" zu machen. Catch und Release? Na, Fische fangen und sie dann wieder freilassen. Er deutet die Länge der Fische, die hier gefangen werden können, mit weit ausgestreckten Armen an. 
Als wir Bodø verlassen und auf der Landstraße weiter in Richtung Kjerringøy fahren, wird es immer einsamer. Kaltes Mondlicht scheint zwischen schwarzen Wolken hervor. Die Granitfelsen am Rande des Weges sind mit Eis bedeckt. Ein Elch steht auf der Straße und knabbert an einer Tanne. Gunn-Marit und Svein, unsere Freunde und Gastgeber hier im Norden, empfangen uns mit einem typisch norwegischen Festessen: geräucherte  Schafsrippchen mit Steckrübenmus und Preiselbeeren. Dazu gibt es Bier und Aquavit. Das Nordlicht lässt sich an diesem Abend nicht mehr blicken. Müde gehen wir ins Bett, aber vorher schauen wir noch die Nordlicht-Vorhersage an:

Quelle: Spaceweather.gov
Sieht gut aus für die kommenden Tage.



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